Rund 90 Prozent unseres Lebens verbringen wir in geschlossenen Räumen. Umso wichtiger ist es also, dass genau dort die Luftqualität stimmt. In Innenräumen ist die Luftverschmutzung oft bis zu fünfmal höher als im Freien. Die Ursache sind meistens flüchtige organische Verbindungen – beispielsweise verdunstete Putzmittel oder Ausdünstungen von Möbeln –, die unsere Gesundheit beeinflussen. Darüber hinaus spielt die Luftgüte auch in Sachen Ansteckungsgefahr durch Viren und Bakterien eine Rolle. Hinzu kommen Faktoren wie ungenügende Beleuchtung und hohe Lärmpegel, die Stress in geschlossenen Räumen verursachen können. Folgen sind Schlaf- und Konzentrationsstörungen oder Kopfschmerzen – typische „Sick-Building-Probleme“.
Mittels Sensoren und daran angeschlossener Data-Analytics-Methoden lässt sich effektiv gegensteuern. Anwendungsfälle gibt es in Städten und Kommunen genügend. Allen voran bei Bildungseinrichtungen, aber auch bei Gebäuden mit Parteienverkehr kann man den Return on Invest schnell bestimmen und positive Ergebnisse erzielen: Ein Fallbeispiel ist die Wirtschaftsschule Alpenland im oberbayerischen Bad Aibling.
Nicht erst seit der Pandemie beschäftigt sich die Wirtschaftsschule Alpenland Bad Aibling, eine kommunale Schule des Landkreises Rosenheim, mit dem Thema Luftgüte und Raumklima. Die Verantwortlichen sind sich schon länger im Klaren darüber, dass auch der Raum und seine Gegebenheiten Einfluss auf den Lernerfolg haben. Dass dieser subjektive Eindruck nicht täuscht, bestätigen diverse Publikationen des Umweltbundesamtes, die schon seit Jahrzehnten auf Abhängigkeiten zwischen Gesundheit und Lernerfolg in Schulen hinweisen. Als dann die Pandemie mit voller Wucht hereinbrach und die Bedeutung von Aerosolen intensiv diskutiert wurde, beschlossen die Verantwortlichen der Wirtschaftsschule, die Verbesserung der Luftgüte und des Raumklimas aktiv in ihren "eigenen vier Wänden" in Angriff zu nehmen.
Bestandsaufnahme zu Beginn
Zusammen mit der AKDB und ihrem Tochterunternehmen, der roosi GmbH, einer Data-Intelligence-Beratungsfirma, startete man mit einer Bestandsaufnahme. Hier zeigte sich, dass die Eindämmung der Verbreitung von Krankheitserregern nicht das einzige Ziel der Initiative bleiben sollte. Vielmehr wollte die Wirtschaftsschule auch die Themen Luftgüte und Raumklima ganzheitlich adressieren und auswertbar machen – ein strategisches Projekt mit Strahlkraft weit über das Schul-Set-up hinaus. Eine Kooperation wurde vereinbart, und das erste Reallabor außerhalb der AKDB nahm Formen an.
„In produktiver und angenehmer Zusammenarbeit mit der roosi GmbH dient unsere Schule als Reallabor zur Nutzung von Sensordaten für ein produktives und gesundes Raumklima. Im laufenden Projekt werden Sensordaten aus den Räumen ermittelt, ausgewertet und aufbereitet. Sie sollen in Zukunft auf smarten Raumschildern Auskunft über den Zustand im Raum geben. Inzwischen können wir die Sensordaten nutzen, um sie mit denen unserer mobilen CO2-Melder abzugleichen und Kollegen bei Spitzen auf die Lüftung hinzuweisen. Dadurch stellen wir die Qualität unserer Coronamaßnahmen und des allgemeinen Raumklimas sicher.“
Smarte Nutzung gewonnener Daten
Um Luftgüte und Raumklima in der Wirtschaftsschule dauerhaft zu steigern, wurde zunächst die passende Sensorik verbaut, die zuverlässig einzelne Aspekte dokumentiert und zur weiteren Analyse bereitstellt. Hier fiel die Wahl auf Sensoren des Typs IOT LoRa CO2 des Herstellers LineMetrics. Diese messen fortan CO2-Konzentration, Raumtemperatur, relative Luftfeuchtigkeit sowie Beleuchtungsstärke in allen Räumlichkeiten der Wirtschaftsschule. Aus Datenschutzgründen und um eine störungsfreie Funktion zu garantieren, wurde eine lokale und unabhängige Infrastruktur, bestehend aus den Sensoren und einem IOT LoRa Indoor Gateway, aufgebaut. Per LTE (Long Term Evolution) übermitteln die Sensoren nun im Fünf-Minuten-Takt die entsprechenden Messwerte an den Smart Data Services Hub, der als Event Hub und Data-Management-Plattform fungiert und im AKDB-Rechenzentrum betrieben wird. Bereits kumulierte Daten werden mithilfe von vor Ort verfügbaren Applikationen in Form eines eigenen Workplace, einer eigenen App oder eines Dashboards verfügbar gemacht. Erste Ergebnisse zeigen, dass sich nicht nur Belüftungssituation, Raumgröße, Dauer der Raumnutzung und Anzahl der im Raum befindlichen Personen auf Luftgüte und Raumklima auswirken, sondern auch die Art der Aktivität.
Bald Prognosen zur Luftgüte-Entwicklung möglich
Bei diesen Ergebnissen und positiven Auswirkungen soll es aber nicht bleiben. So wird aktuell bereits an der Verbindung der Sensordaten mit Daten aus weiteren operativen Systemen der Schule gearbeitet. Ziel ist, durch Verfahren der Mustererkennung bereits im Vorfeld der Raumnutzung Prognosen über die Entwicklung der Luftgüte und des Raumklimas treffen zu können. So wäre man in der Lage, präventive Maßnahmen zu ergreifen und Grenzwertüberschreitungen zu vermeiden. Die Prognosen könnten dann schon bei der initialen Planung der Raumbelegung berücksichtigt werden. Smarte Raumklimaprodukte lösen nicht das Problem eines schlechten Raumklimas. Aber sie informieren über den Zustand und bieten Verantwortlichen eine Entscheidungsgrundlage.