Seit 2018 investiert die Stadt Fürth massiv in die Digitalisierung der Stadtverwaltung. Das Projekt ONCE sieht sie als wichtigen Schritt hin zu einer nachhaltig erfolgreichen Digitalisierung. Denn damit werden irgendwann Bürgerinnen und Bürger sich in vielen Alltagssituationen mit dem Handy ausweisen können – sicher und einfach.
Wir haben den Projektverantwortlichen Christian Werner gefragt, welche Vorteile digitale Identitäten auf dem Smartphone für Bürger und Verwaltung haben werden.
Fragt man Christian Werner, warum Fürth als einzige Stadt in Deutschland geförderter Partner beim Projekt ONCE ist, so fällt die Antwort knapp und eindeutig aus: „Wenn wir unseren Standort Deutschland attraktiv machen wollen – für Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen –, dann müssen wir Kosten senken und den Komfort für alle steigern.“ Der Chief Digital Officer der Stadt Fürth, Dr. Hauke Traulsen, wagt sogar eine radikale Vision: „Das große Ziel sollte sein, dass alle Verwaltungsleistungen in 20 Jahren komplett digitalisiert sind. Und zwar auf Bundes- wie auf EU-Ebene. Fachverfahren sollten dann zentral über die Cloud zur Verfügung stehen und standardisiert sein.“ Der Kontakt der Bürger zur Verwaltung, so Traulsen, sollte dann ebenfalls über standardisierte, zentral beziehbare Online-Verwaltungsdienste erfolgen – wie es heute schon beim Einer-für-Alle-Prinzip (EfA) passiert. Statt vieler unterschiedlicher Portale wird es dann bestenfalls eine „zentrale Sammelstelle“ geben, aus der jede Kommune Online-Dienste bezieht und diese in den eigenen Online-Auftritt integriert.
Führerschein, Personalausweis und Bibliotheksausweis auf dem Smartphone
Das Förderprojekt ONCE, das das Bundeswirtschaftsministerium ausgelobt hat, ist Teil dieser Transformation. Dabei werden digitale Bürgeridentitäten auf dem Handy hinterlegt und mit einem Nutzerkonto verknüpft. „Unsere Aufgabe als Stadt ist, Alltagsszenarien zu entwerfen und in einem Reallabor zu erproben. Dabei geht es in erster Linie um das Testen des digitalen Führerscheins, der digitalen Ummeldung und der kommunalen Datenkarte auf dem Handy“, erklärt Werner. „Wer künftig in eine Verkehrskontrolle gerät, öffnet auf dem Smartphone sein Wallet, geht zur Anwendung ‚Führerschein‘, klickt auf die Funktion ‚Kontrolle‘, und schon öffnet sich ein QR-Code, der von der Polizei ausgelesen wird. Da sind alle relevanten Daten hinterlegt: Führerscheinklasse, eventuell Punktestand und Gültigkeit.“
Daten sind immer aktuell
Ganz anders als bei einer Kopie eines analogen Führerscheins sind die Wallet-Daten immer aktuell. Muss ein Bürger seinen Führerschein wegen Speeding abgeben, so muss diese Information in Echtzeit auf dem QR-Code auslesbar sein. Ähnlich beim Umzug: Die Bürgerin oder der Bürger wählt sich im Portal der Kommune ein und authentifiziert sich mit der Smart-ID, die in seiner bzw. ihrer Wallet hinterlegt ist. Die Masken werden automatisch befüllt, der Dienst greift auf die aktuellen Meldedaten zu, sodass die Ab- oder Anmeldung beim Umzug auf Knopfdruck erfolgen kann. „Die Hürde bei der Nutzung von Online-Verwaltungsdiensten liegt heute ja gerade dort: in der umständlichen Authentifizierung mit Kartenlesegeräten oder separaten Apps. Mit einem Wallet wären alle Identifikationsdaten vom Smartphone aus abrufbar – ohne Medienbrüche.“ Analog würde eine „kommunale Datenkarte“ funktionieren: Sie könnte als Identifikation dienen beim Eintritt ins Schwimmbad oder ins Museum oder beim Ausleihen eines Buches in der Stadtbibliothek.
Entlastung für die Verwaltung
Die Vorteile für die Verwaltung liegen auf der Hand: Die Prozesse werden beschleunigt und vereinfacht und der Austausch zwischen Behörden verbessert. „Eine der Voraussetzungen“, so Christian Werner, „ist, dass bei all diesen Verwaltungsvorgängen im Backend die diversen Register verknüpft werden. Sodass zum Beispiel die Führerscheinstelle Daten mit dem KBA austauscht und bei der Ausstellung eines Führerscheins gleich das biometrische Bild aus den Passregistern holt.“
AKDB verknüpft Wallet mit Fachverfahren
Die AKDB arbeitet beim Förderprojekt ONCE Schulter an Schulter mit der Stadt Fürth. „Die AKDB als größter Fachverfahrensanbieter kümmert sich um die Anbindung der Smartphone-Anträge an die Fachverfahren. Konkret: Zieht ein Bürger um und beantragt eine Meldebescheinigung mit der neuen Anschrift, so werden die Daten aus OK.EWO in die Smartphone-Wallet und die neuen Daten wieder aus dem Smartphone ins OK.EWO übertragen.“ Ähnlich verhält es sich mit den Führerscheindaten aus OK.VERKEHR. „Denkbar wäre, dass ein Führerscheinhalter auf dem Amt einen QR-Code mit mobilen Führerscheindaten auf sein Smartphone erhält – einen digitalen Zwilling sozusagen. Die Daten vom KBA wären da bereits enthalten.“
ONCE-Wallet: auch für die kommerzielle Nutzung interessant
Immer da, wo kommerzielle Anwender eine Identifikation vom Kunden benötigen, gäbe es in Zukunft eine Verknüpfung mit der Wallet. Das ist bei Autovermietungen der Fall. Aber auch bei der Eröffnung eines Bankkontos oder dem Ausfüllen eines Meldescheins beim Einchecken im Hotel. Ist das alles datenschutzkonform? Das Projekt wäre ohne Datenschutz eine Totgeburt, dessen ist sich Werner bewusst. „Einige Anwendungsfälle wären über die Blockchain gesichert. Da gibt der Bürger keine Daten aus der Hand. Bei der Führerscheinkontrolle könnte der Polizist zwar den QR-Code momentan auslesen. Aber die Daten verblieben beim Bürger.“ Bei anderen Anwendungsfällen muss man für eine Mehr-Faktor-Authentifizierung sorgen.
Digitale Identitäten, Smart City und die Umsetzung des OZG
Christian Werner ist überzeugt: Die Anwendungen in einer Smartphone-Wallet sind die Zukunft. Denn der Markt folgt immer den Prozessen, die am einfachsten zu benutzen sind. Fürth steht in engem Austausch mit anderen Kommunen, die beim ONCE-Projekt involviert sind, darunter Mönchengladbach und Wiesbaden. Die Vernetzung und der Ideenaustausch sind bei allen Zukunftsprojekten äußerst wichtig. Im Sommer 2022 werden die ersten ONCE-Szenarien im Reallabor getestet. Direkt von Bürgerinnen und Bürgern. Denn die sollen ja schließlich die ONCE-Wallet eines Tages benutzen. Auch das Thema Smart City und vor allem die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes treibt Fürth mit aller Macht voran. „Wir wollen bis Ende 2022 das Ziel erreichen: ein eigenes Portal für alle Bürgeranliegen, in dem sämtliche Leistungen auffindbar sind. Denn eins ist sicher: Ohne Digitalisierung von Verwaltungsleistungen ist auch die Smartphone-Wallet nicht machbar.“