Zwanzig Jahre lang gab es in der Gemeinde Irschenberg im bayerischen Oberland einen gemeindlichen Wasserzählerableser. Als dieser 2019 aus Altersgründen aufhörte, fiel der Entschluss, den Prozess zu digitalisieren. Mit der Wasserwechselzähler-App fließen jetzt die Daten per Knopfdruck ins Steueramt.
Man kennt sich in Irschenberg. Und wenn im August der gemeindliche Wasserzählerableser an Samstagen die Runde machte, wurde auch mal ein wenig geratscht. Er las den Wasserverbrauch ab, tauschte in regelmäßigen Abständen von sechs Jahren die Wasserzähler aus. Und wenn die Bürger nicht zu Hause waren, kam er wieder. Manchmal sogar drei Mal hintereinander. Oder er warf eine Ablesekarte ein. Die schickten die Bürger dann per Post zurück ins Amt. Es kam aber auch vor, dass sie den Wasserverbrauch gleich telefonisch dem Steueramt der Gemeinde mitteilten. Vollkommen analog und unbürokratisch. Da die Gemeinde im bayerischen Oberland 3240 Einwohner zählt, die ihr Trinkwasser aus zwei Tiefbrunnen beziehen, dauerte das Ganze schon mal ein paar Wochen. Ein reibungsloser, erprobter Prozess.
Die Devise lautet: Digitalisieren
Und es hätte noch problemlos so weitergehen können, wenn letztes Jahr der langjährige Wasserzählerableser nicht aus Altersgründen aufgehört hätte. Da beschloss die Gemeinde, gleich den kompletten Prozess zu digitalisieren. „Das Online-Zugangsgesetz verpfl ichtet uns sowieso dazu, Bürgern einen Online-Zugang zur Verwaltung zur Verfügung zu stellen“, meint Petra Freitag, die seit 2007 in der Gemeinde arbeitet. „Und da haben wir uns gesagt: Der Ruhestand des Kollegen ist eine gute Gelegenheit, um die Digitalisierung in unserer Verwaltung voranzutreiben.“ Petra Freitag ist seit 2017 Leiterin des Steueramts. Bis dahin war sie Mitarbeiterin im Bauamt. „Ich bin Generalistin“, sagt die Verwaltungsfachangestellte von sich. „Bei dem derzeitigen Personalmangel muss man das ja auch sein.“ In der Gemeindeverwaltung Irschenberg arbeiten derzeit sieben Mitarbeiter. Davon sind zwei Teilzeitkräfte. Aber es ist ein eingeschworenes Team. Da packt jeder mal an, wenn es beim Kollegen brennt.
Bürgermeister Klaus Meixner und Petra Freitag von der Gemeinde Irschenberg
Schluss mit Tippen!
Man kontaktierte also kurzerhand den Vertriebsberater der AKDB. Und führte 2019 zum einen die Wasserzählerwechsel- App für die Wasserwarte ein. Zum anderen den Online-Dienst „Wasserzählerablesung“ als Dienst für den Bürger. Seitdem geht alles buchstäblich per Knopfdruck. „Früher habe ich die Liste mit den Wasserzählern, die ausgetauscht werden sollten, ausgedruckt. Dann habe ich sie dem Wasserwart zur Verfügung gestellt. Danach musste ich die Daten mit den ausgetauschten Wasserzählern händisch eintippen. Heute holen sich unsere zwei Wasserwarte die Listen per Knopfdruck digital auf ihr Tablet. Das dauert nicht mehr als vier Minuten. Dieses Jahr waren es 60 Wasserzähler, die ausgetauscht werden mussten.“ Die Wasserwarte machen vor Ort dann gleich ein Foto des ausgetauschten Wasserzählers. Anschließend werden die Tablets im Steueramt bei Petra Freitag abgegeben. Und sie speist die Daten wieder per Knopfdruck in die Finanzsoftware OK.FIS ein, direkt in die Veranlagung, inklusive Foto. Fertig. Kein Abtippen, kein Zeitaufwand. Und keine Fehlerquellen.
Immer mehr Bürger nutzen das Bürgerservice-Portal
Im August schickt sie den 484 angeschlossenen Haushalten, ebenfalls aus der AKDB-Finanzsoftware heraus, die Ablesebriefe mit der Aufforderung, binnen eines Monats die Wasserstände mitzuteilen. Analog oder einfach über den neuen Online-Dienst im Bürgerservice-Portal. „Der Dienst ist noch neu, aber bereits 60 Haushalte haben letztes Jahr die Daten online mitgeteilt“, so Petra Freitag. Sie ist sich sicher, dass es diesen Herbst viel mehr werden, besonders die jungen Familien wollen es nicht mehr anders machen. „Das spart mir eine ganze Menge Tipparbeit“, sagt sie. Die Ablese-Daten werden wieder per Klick direkt in die Software OK.FIS übernommen, die die Gemeinde Irschenberg aus dem AKDB-Rechenzentrum bezieht. Nach erfolgter Abrechnung wird alles an das Rechenzentrum der AKDB überstellt, das dann die Gebührenbescheide an die Bürger druckt und versendet.
»Bisher bieten wir unseren Bürgern im Bürgerservice-Portal lediglich den Dienst ‚Antrag auf Briefwahlunterlagen‘ und die Wasserzählerablesung. Aber es wird bald mehr werden. Schließlich ist es unsere Pflicht, wir möchten ja dem Bürger das Leben erleichtern.«
Vom Förderprogramm „Digitales Rathaus“ des Freistaats profitieren
Petra Freitag und Bürgermeister Klaus Meixner wollen die Digitalisierung auch auf andere Bereiche ausweiten. „Bisher bieten wir unseren Bürgern im Bürgerservice-Portal lediglich den Dienst ‚Antrag auf Briefwahlunterlagen‘ und die Wasserzählerablesung. Aber es wird bald mehr werden. Schließlich ist es unsere Pfl icht, wir möchten ja dem Bürger das Leben erleichtern.“ Damit sich die Gemeinde fi nanziell nicht überheben muss, wird sie das neue Förderprogramm ‚Digitales Rathaus‘ vom Freistaat in Anspruch nehmen. Aber zuerst geht Irschenberg zwei weitere Digitalisierungs-Projekte an: die Einführung des Vertragsmanagers, damit alle Verträge auch nach Umsatzsteuerpfl icht digital erfasst werden, und die Einführung der E-Rechnung. So viel Umstellung für so wenige Mitarbeiter, da ist sich Petra Freitag bewusst, das muss man erst mal stemmen. Aber sie freut sich darauf. „Wissen Sie, eine Umstellung ist immer aufregend“, sagt sie abschließend, „aber man muss auch immer die Vorteile sehen. Und die überwiegen.“
Weitere Informationen zur Zählerwechsel-App.
INFO Gemeinde Irschenberg
Regierungsbezirk | Oberbayern |
Landkreis | Miesbach |
Fläche | 53,91 km2 |
Einwohner | 3198 (31. Dez. 2018) |
Bevölkerungsdichte | 59 Einwohner je km2 |
Gemeindegliederung | 143 Gemeindeteile |
Webpräsenz | www.irschenberg.de |
Quelle: Wikipedia