Wir sprechen mit Oliver Haas, Organisationsberater, Coach, Dozent, Mediator, Moderator und Partner KESSEL & KESSEL, über das Arbeiten in der Coronazeit und darüber, wie man technikaffine Mitarbeiter findet und wie man sie langfristig für die Digitalisierung begeistert.
Herr Haas, wird sich der Büroalltag nach der Corona-Krise dauerhaft ändern?
Wir werden zukünftig eine noch konsequentere Mischung aus Präsenz und virtueller Zusammenarbeit erleben – der Hybrid zum neuen Standard. Organisationen, die schon früh verstanden haben Arbeit situations- und aufgabenspezifisch zu organisieren und über gemeinsame Ziele und Ergebnisse sowie ein hohes Maß an Eigenverantwortlichkeit zu steuern, werden in dieser Welt attraktiv und erfolgreich bleiben. Organisationen mit einem hohen Maß an gewachsener Präsenzkultur sowie einer Misstrauenskultur zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden müssen umdenken und vor allem schnell handeln. Nicht zuletzt, wird sich die schon immer artifiziell vermittelte Trennung von Arbeit und Leben (work-life-balance) in Luft auflösen.
"Präsenz und virtuelle Zusammenarbeit – der Hybrid wird zum neuen Arbeitsstandard."
Wie sollten sich Unternehmen und Kommunen am besten aufstellen, um technik- und digitalisierungsaffine Mitarbeiter gewinnen zu können?
Der War for talents hat schon lange begonnen und die Unternehmen, denen es gelingt Arbeitskontexte zu schaffen, die sich durch ein hohes Maß an Sinnstiftung, Werte-Basiertheit, Eigenverantwortlichkeit und Gestaltungsmöglichkeit auszeichnen, werden die Menschen finden, die in diesen Umwelten leistungsstark sind und damit auch das Unternehmen voran bringen. Dabei können wir davon ausgehen, dass alle nachwachsenden Generationen technik- und digitalisierungsaffin sind. Ein entscheidender Hebel dabei sind Teams: Sie sind der Ort, an dem Neues entsteht, an dem sich Kultur erlebbar macht und wo nicht zuletzt Vertrauen im Kleinen geschaffen wird.
Wie schaffen es Unternehmen oder Kommunen, ihre langjährigen Mitarbeiter und Beschäftigen für die Digitalisierung zu begeistern?
Indem anerkannt wird, dass sich Menschen in erster Linie selbst motivieren und begeistern. Man kann sicherlich Anreize schaffen, aber bewiesenermaßen sind weder Geld, Status oder Macht Mechanismen, Menschen zu motivieren. Stattdessen müssen Menschen an ihren Emotionen und damit auch ihren Erfahrungen abgeholt werden. Welche Bilder, Vorstellungen, Ängste, Sorgen oder Unklarheiten haben sie? Erst wenn diese Bilder klar sind, kann man mit Maßnahmen beginnen. Bei alledem ist zentral: Digitalisierung ist nicht Technologisierung, sondern bedeutet in erster Linie den Kunden in Unternehmen aber auch Kommunen noch konsequenter in den Fokus jeglichen Handelns zu nehmen. Und das beginnt mit der simplen Frage: Was will der Kunde eigentlich von uns?