Die kommunale Ebene erfährt in der Corona-Krise einen Bedeutungszuwachs. Den Vertrauenszuschuss gilt es zu behaupten: Digitale Angebote müssen Verlässlichkeit, Transparenz und Service der Kommunen stärken. Wir sprechen mit Dr. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, über dieses Thema.
Herr Dr. Landsberg, wie steht es um den Grad von Digitalisierung in Kommunen in Deutschland?
Deutschlands Städte und Gemeinden haben bei der Digitalisierung Fahrt aufgenommen, auch wenn noch viel zu tun bleibt. Die Kommunen haben erkannt, dass digitale Lösungen zu mehr Lebens- und Standortqualität vor Ort beitragen können. Im Fokus stehen dabei sowohl die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen und Verwaltungsprozessen, aber auch die Weiterentwicklung hin zu digitalen Städten und Gemeinden. Dennoch bleibt noch eine Menge zu tun. Wir müssen es schaffen, von einzelnen Insellösungen zu durchgehend digitalen Prozessen zu kommen, damit wir auch wirklich einen Mehrwert erzielen. Wir müssen etablierte Prozesse und eingefahrene Abläufe hinterfragen und gegebenenfalls verändern. Hinzu kommt, dass viele Kommunen gerade im Bereich der Datennutzung aus allen Bereichen einer Stadt oder Gemeinde noch Nachholbedarf haben. Wenn wir wirkliche Fortschritte bei der Digitalisierung erzielen wollen, müssen wir raus aus den kommunalen Silos. Es muss uns gelingen, bislang voneinander getrennte Bereiche in einer Stadt oder Gemeinde miteinander zu vernetzen und neue Lösungen zu entwickeln. Dann werden die Kommunen stärker und lebenswerter.
Ist Corona eher Chance oder Bremsklotz auf dem Weg zu einer digitalen Kommune?
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie lassen sich im Bereich der Digitalisierung derzeit noch schwer abschätzen. Natürlich zeichnet sich einerseits bereits jetzt ab, dass die Krise immense Auswirkungen auf die kommunalen Haushalte haben wird. Daher werden viele Kommunen den Gürtel enger schnallen müssen, was sich leider auch auf die Investitionstätigkeit auswirken kann. Allerdings hat die Pandemie sehr deutlich gemacht, dass die Digitalisierung in vielen Bereichen großen Nutzen bringen kann. Viele Verwaltungen waren dank digitaler Lösungen in der Lage, aus dem "Homeoffice" heraus zu agieren und den Betrieb aufrecht zu erhalten. Dabei sind natürlich auch die derzeit noch fehlenden digitalen Möglichkeiten deutlich geworden. Sowohl bei den digitalen Bürger- und Unternehmensservices als auch bei der digitalen Bildung müssen wir noch deutlich besser werden. Insofern sind Städte und Gemeinden gut beraten, auch in Zeiten knapper Kassen in die Digitalisierung zu investieren.
"Wir müssen die Menschen für das Thema begeistern und auf dem Weg zu einer digitalen Stadt oder Gemeinde mitnehmen."
Was sind die Voraussetzungen, damit die Digitalisierung in Kommunen Fahrt aufnimmt?
Digitalisierung ist ein Umbauprozess wie ihn Städte und Gemeinden in den vergangenen Jahrzehnten nicht gekannt haben. Dazu gehören natürlich leistungsstarke digitale Infrastrukturen, etwa im Breitband- und Mobilfunkbereich, und gute Software-Lösungen. Von entscheidender Bedeutung ist es aber, die Menschen für das Thema zu begeistern und auf dem Weg zu einer digitalen Stadt oder Gemeinde mitzunehmen. Wir brauchen Aufgeschlossenheit und eine positive Einstellung gegenüber der Digitalisierung. Das trifft natürlich auch auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Verwaltungen zu. Hier kann die Corona-Pandemie einen positiven Effekt haben, da der Nutzen der Digitalisierung sehr deutlich geworden ist. Was wir dringend brauchen ist ein aktives Veränderungsmanagement in den Kommunen. Wir müssen uns im Bereich der digitalen Aus- und Weiterbildung verbessern und wir müssen es schaffen, den Charakter und die Vorteile des digitalen Wandels zu kommunizieren. Wenn große Änderungen im Bereich der Arbeitsweise und der Zusammenarbeit stattfinden, entstehen auch Unsicherheit und Ängste. Dem müssen wir begegnen, mit Gesprächen, Erklärungen und Maßnahmen zum Teambuilding. Das findet dann analog und nicht digital statt.